Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30.01.1933 gab es umfangreiche Umgestaltungen im Deutschen Sport. Wir haben versucht, die Vorgänge und Ereignisse in Zeitscheiben einzuordnen und einzelne Daten in verschiedene tabellarische Übersichten zusammenzufassen (Quellen: WIKI-verschiedene, Andreas Ebener "Als der Kreig den Fußball fraß", Skorning "Fußball in Vergangenheit und Gegenwart, Staatsbibliothek: Verordnungsblatt des DRL/NSRL).
1933
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
30.01.1933 | Politische Machtübernahme der Nationalsozialisten, | |
ab Februar 1933 | Der Sport bei der TuSV Altglienicke 1906 wurde eingestellt. | |
28.04.1933 | Hans von Tschammer und Osten wird zum Reichssportkommissar ernannt. | |
05.05.1933 | Auflösung des DRA als Dachverband der Sportvereine in Deutschland, | Die Sportfachverbände (V.B.B/Spreegau) existierten noch in alter Form. |
Ende Mai | Veröffentlichung der "Richtlinien für den neuen Sport im Volkskörper", | |
27.06.1933 | Endgültiges Verbot und Auflösung aller Arbeitersportvereine und Dachverbände, | Die TuSV Altglienicke 1906 wurde politisch verboten. |
14.07.1933 | Auflösung des Verbandes Brandenburgischer Ballspielvereine (V.B.B.) | Fußballsport beim Altglienicker BC 1909 wurde weitergeführt. |
19.07.1933 | Hans von Tschammer und Osten wird zum Reichssportführer ernannt. | Die Altglienicker Vereine werden dem Sportgau III zugeordnet. |
01.09.1933 | Einführung der Gauligen/Gauklassen und der Turnklassen, | AGBC 1909 und MTV Spieß werden in die neuen Spielklassen eingeteilt. |
31.12.1933 | Auflösung des Spreegaus im Kreis III der Deutschen Turnerschaft, | Turnen und Handball beim MTV Spieß werden weitergeführt. |
Einige Ereignisse bzw. Vorgänge werden in der Literatur erwähnt, jedoch zeitlich nicht eindeutig zugeordnet. So wurden nach der Auflösung des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen (DRA) 15 Fachverbände gegründet, die im Reichsführerring zusammengeführt wurden. Diese Fachverbände müssen eine Zeit lang parallel zu noch bestehenden Dachverbänden wie z.B. dem V.B.B. der Fußballer (AGBC 09) oder dem Spreegau (Turner/Handballer MTV Spieß) existiert haben. Diese Fachverbände sollten die Vorläufer der Fachämter sein, die im Jahr 1934 mit der Gründung des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen eingeführt wurden.
Mit der Auflösung und dem Verbot des Arbeitersportvereins TuSV Altglienicke 1906 existierten in Altglienicke ab diesem Zeitpunkt nur noch der bürgerliche Turnverein MTV Spieß Altglienicke von 1883 mit den Sportsparten Turnen/Gymnastik und Handball und der Fußballverein Altglienicker Ballspiel Club 1909. In einer gesonderten Verordnung wurde festgelegt, dass ehemalige Arbeitersportler ab dem 01.10.1933 unter bestimmten Voraussetzungen Mitglied von bürgerlichen Vereinen werden können (Zeitungausschnitt links). Nachweislich ist, dass einige Handballer der TuSV Altgienicke 1906 sich den Handballern des MTV Spieß angeschlossen haben. Von den Fußballern und Turnern haben wir keine Belege zu Vereinswechseln. Wir sollten jedoch davon ausgehen, dass z.B. auch Fußballer gewechselt sind, denn zwischen den Altglienicker Fußballvereinen gab es trotz politischer Unterschiede eigentlich immer einen guten Kontakt; u.a. gab es am 30.10.1932 ein Gesellschaftsspiel zwischen den Arbeiterfußballern und den bürgerlichen Fußballern, was dem Grunde nach entsprechend der Statuten der jeweiligen Dachverbände strengstens verboten war. Zum 31.12.1933 löste sich innerhalb der Deutschen Turnerschaft im Kreis 1 der Spreegau als Dachorganisation für die Turnvereine in der Region Ost von Berlin und Brandburg auf. In der Märkischen Turnerzeitung vom 10.12.1933 wurde über die Auflösungsversammlung berichet, die in Wildau stattfand; nachfolgender Auszug (Zeitungsausschnitt rechts, Quelle: Staatsbibliothek, ebenda).
1934
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
23.01.1934 | Proklamierung des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen (DRL), | |
09.03.1934 | Gründungssitzung des DRL, | |
27.06.1934 | Gründung des DRL anläßlich der Kampfspiele in Nürnberg, |
Der gesamte Sport wurde dem neu gegründeten Deutschen Reichsbund für Leibesübungen (DRL) unterstellt. Seitens der Reichssportführung wurde eine gebietliche Gliederung in Sportgaue vorgenommen, die dem Grunde nach der gebietlichen Gliederung der NSDAP glich. Dabei wurden verschiedene Gebiete zusammengefasst (6-Mitte mit Thüringen, Sachsen-Anhalt und Provinz Sachsen sowie 7-Nordmark mit Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg, 8-Südwest mit der Pfalz und ab 1935 mit dem Saargebiet).
Reichssportführung- Sportgaue | ||||||||
1- Ostpreußen | 2- Pommern | 3- Berlin-Brandenburg | 4- Schlesien | 5- Sachsen | 6- Mitte | 7- Nordmark | 8- Niedersachsen | 9- Westfalen |
10- Niederrhein | 11- Mittelrhein | 12- Hessen | 13- Südwest | 14- Baden | 14a- Elsaß | 15- Württemberg | 16- Bayern |
Der Reichssportführung waren weiterhin mittelbar 15 Reichsfachämter und 10 Verbände sowie die Deutsche Sporthilfe unterstellt.
Reichssportführung- Reichsfachämter | |||||||
1- Turnen, Gymnastik, (MTV Spieß Turnen) | 2- Fußball, Rugby, Kricket (AGBC 09 Fußball) | 3- Leichathletik | 4- Handball/Basketball (MTV Spieß Handball) | 5- Schwimmen | 6- Schwerathletik | 7- Boxen | 8- Fechten |
9- Hockey | 10- Tennis | 11- Rudern | 12- Kanusport | 13- Eis- und Rollsport | 14- Skilauf | 15- Radfahren |
Reichssportführung- Reichsfachverbände | ||||
16- Deutscher Segler-Verband | 17- Deutscher Bergsteiger-Verband | 18- Deutscher Wanderverband | 19- Deutscher Kegler-Bund | 20- Deutscher Schützen-Verband |
21- Deutscher Gold-Verband | 22- Deut. Bob-/Schlitten-Verband | 23- Deutscher Tischtennis-Bund | 24- Deut. Amateur Billard-Verband | 25- Kampfring Völkische Freikörperkultur |
Innerhalb des Sportgaues III- Berlin-Brandenburg war die höchste Administration der DRL-Gauführerstab. Diesem stand der DRL-Gauführer vor. Er unterstand direkt dem Reichssportführer. Ihm unmittelbar unterstellt waren- sein Stellvertreter, der Gausportwart, der Gaukassenwart, der Gaudietwart, der Gaujugendwart, die Gaufrauenwärtin, der Gaupressewart und der Gauamtmann. Dem Gauführerstab waren mittelbar die Gaufachwarte der 15 Sportgaufachämter und der 10 Sportgauverbände unterstellt (gleiche Struktur wie im Reichssportamt). Der Sportgau III- Berlin-Brandenburg war in 11 Kreise unterteilt.
Gauführerstab- Sportkreise | |||||
1- Berlin (mit MTV Spieß und Altglienicke BC 1909) | 2- Jahnkreis (Wittstock/Wittenberge) | 3- Ruppin (Fehrbellin, Lindow) | 4- Barnim, Uckermark | 5- Südmark | |
6- Havelland | 7- Ostmark | 8- Oder | 9- Neumark | 10- Ostlausitz | 11- Westlausitz |
Im Kreis 1- Berlin des Sportgaus III- Berlin-Brandenburg war die höchste Administration der DRL-Kreisführerstab. Diesem stand der DRL-Kreisführer vor. Er unterstand direkt dem Gausportführer. Ihm unmittelbar unterstellt waren- sein Stellvertreter, der Kreissportwart, der Kreiskassenwart, der Kreisdietwart, der Kreisjugendwart, die Kreisfrauenwärterin sowie der Kreispressewart. Dem Kreisführerstab waren mittelbar die Kreisfachwarte der 15 Sportkreisfachämter und der 10 Sportkreisverbände unterstellt (gleiche Struktur wie im Reichs- bzw. Gausportfachamt).
Kreisführerstab- 1-Berlin | ||||
1- Ostkreis (mit MTV Spieß und Altglienicke BC 1909) | 2- Südkreis | 3- Westkreis | 4- Nordkreis |
Die Sportvereine hatten nach der Gleichschaltung eine einheitliche Führungsstruktur aufzubauen, die als DRL-Vereinsführerstab bezeichnet wurde. Dem Vereinsführerstab stand der DRL-Vereinsführer vor, der direkt dem DRL-Kreisführer unterstellt war. Seine Mitarbeiter im Vereinsführerstab waren sein Stellvertreter, der Oberturn- bzw. Sportwart, der Kassenwart, der Dietwart, der Presswart, der Schriftwart sowie die Frauenführerin. Im Wettkampfbetrieb unterstanden die Vereine dem jeweiligen Kreisfachwart.
1935
Derzeit keine relevanten Vorgänge bekannt.
1936
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
April 1936 | Das Reichssportamt wurde dem Innenministerium unterstellt. | |
30.09.1936 | Auflösung der Deutschen Turnerschaft. | Keine- Die Turner gehörten bereits zum Gau III, Kreis 1-Berlin-Ostkreis. |
05.10.1936 | Neugliederung der Turnkreise in Berlin (Nord, Ost, West, Süd, Mitte) | Die Turner des MTV Spieß wurden Mitglied im Turnkreis Süd. |
1937
Derzeit keine relevanten Vorgänge bekannt.
1938
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
21.12.1938 | Umbenennung des DRL in Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL). |
Mit der Umbenennung des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen (DRL) in Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) wurde diese Orgnisation direkt der NSDAP unterstellt. Hans von Tschammer und Osten, der Mitte 1938 als Staatssekretär im Innenministerium eingesetzt wurde, stand dem NSRL vor. Nach dem Einmarsch in Österreich wurde die "Ostmark" als 17.Sportgau gebildet und nach der Annexion des Sudetenlandes wurde dieses zum Sportgau 18 erklärt. Weitere Sportgaus wurden später der Sportgau 19- Danzig-Westpreußen und der Warthegau.
1939
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
01.01.1939 | Der Sportgau III- Berlin- Brandenburg wurde umbenannt in Gau Berlin-Kurland. |
Mit dem Beginn des 2.Weltkrieges am 01.09.1939 kam es in den Sportarten der Altglienicker Vereine (MTV-Spieß Turnen und Handball und Altglienicker BC 1909 Fußball) häufig zu Veränderungen in der Spielklassenstruktur. Diese Umgestaltungen des Spielbetriebes sind den entsprechenden Seiten dieser Chronik unter "Chronik/Abteilungen/...." zu entnehmen.
1940
Der Deutsche Fußball Bund wurde zum 01.07.1940 aufgelöst, da er nach dem Beginn des Krieges international überflüssig wurde, weil Deutschland aus den internationalen Gremien geworfen wurde.
1941
Derzeit keine relevanten Vorgänge bekannt.
1942
Die Turner und Gymnastikfrauen des MTV Spieß Altglienicke wurden in einer Sportzeitschrift letztmalig zum 22.02.1942 erwähnt. Sie sollten einen Turnvergleichskampf austragen, zu dem sie aber nicht mehr antraten. Der Altglienicker Ballspiel Club 1909 stellte nach derzeitigen Recherchen am 26.04.1942 seinen Fußball-Spiebetrieb ein, existierte aber "auf dem Papier" weiter.
1943
Datum | Ereignis | Auswirkungen für den Altglienicker Sport |
März 1943 | Karl Ritter von Hall wurde Nachfolger von Hans von Tschammer und Osten. |
Die Handballer des MTV Spieß nahmen als Spielunion Adlershof/Altglienicke zumindest bis zum 24.01.1943 am Spielbetrieb teil. Danach liegen uns keine Informationen mehr vor, da ab diesem Zeitpunkt keine Sportzeitschriften zum Handball mehr vorhanden zu sein scheinen.
1944
Derzeit keine relevanten Vorgänge bekannt.
1945
Die Vereine MTV Spieß Altglienicke von 1883 und Altglienicker Ballspiel Club 1909 existieren über das Ende des 2.Weltkrieges hinaus als juristische Eintragung. Beide Vereine wurden durch Beschlüsse und Gesetze der Alliierten vom 10.10.1945 bzw. vom 17.12.1945 aufgelöst und gründeten sich nicht mehr neu (Stand Januar 2023).